Ich kanns mir vorstellen. Ihr sitzt jetzt da, Hände an den Mündern, Augen fassungslos aufgerissen, ungläubig vor euch hin murmelnd, und fragt, ob dieser Typ, dieser Teufelskerl, dieses Enfant Terrible der deutschen Literaturszee, es wirklich getan hat, und natürlich hat er es getan.
Es ist eine *Trommelwirbel* WELTPREMIERE!
Zum ersten Mal laufen in diesem Blog nicht nur einer, sondern ganze zwei kostenlosen Fortsetzungsromane zum Preis von einem, was in diesem Blog heißt: zum Preis von keinem, denn dieses Blog bleibt kostenlos.
Der einzige Preis, den ihr zahlt, ist euer Respekt für andere, weniger talentierte Schriftsteller*innen.
So, im Ernst jetzt: Wenn ihr Yanis 1 noch nicht gelesen habt, könnt ihr Yanis 2 trotzdem lesen, aber ich muss schon zugeben, dass es in der richtigen Reihenfolge mehr Sinn ergibt. Falls sowas euch was bedeutet, also bitte hier entlang zum ersten Kapitel von Yanis 1!
Und so oder so viel Spaß!
Urvi wollte nicht ungerecht sein, und sier wusste, dass sier sich nicht von sieren Vorurteilen und Gefühlen beherrschen lassen durfte, aber sier konnte sich nicht helfen, Menschen machten sien einfach ganz unangenehm kribbelig.
Diese winzigen Köpfe. Diese unfassbar lächerlich winzigen, fragilen Köpfe mit den viel zu eng stehenden Augen. Die absurden winzigen Nasen darunter. Der Mund, immer noch viel kleiner als die Nasen sein sollten.
Die lächerlich flachen Fußdinger, die zum Glück meistens in Schuhen steckten, sodass er die Zehen nicht sehen musste. Wie Urvi Zehen hasste. So gruselig, die kleinen Gnubbel, sier hatte bei jeder Bewegung Angst, dass sie einfach abfielen, wenn sier drüber nachdachte.
Und – Urvi wusste, dass das ein sensibles Thema war, und Urvi war nicht stolz auf diese Gefühle, aber sie waren nun einmal da, auch wenn sier sie nie aussprechen würde – die grauenvollen Doppeleuter, die manche von ihnen viel zu hoch am Torso trugen, wie traurige Parodien von richtigen.
Urvi wusste, dass siere persönliche Wahrnehmung nichts über den Wert von Menschen als Personen aussagte, aber sier konnte einfach nicht anders, als sich vor ihnen zu ekeln.
Und irgendetwas anderes war an diesem hier auch noch anders. Urvi schaute nachdenklich schnaubend auf den Menschen hinunter – und dann wurde es siem klar.
Ja, es war natürlich auch, dass sogar Menschen normalerweise ein bisschen mehr Nase hatten. Aber es war nicht nur das.
Yanis hatte keine Angst vor Urvi.
Wirklich gar keine.
Natürlich hatte Urvi schon vor oder genauer: über Menschen gestanden, die sich nicht vor siem zusammenkauerten. Sier hatte auch schon oft mit Menschen gesprochen, die ihm gegenüber di*en harte*n Reck*in markiert hatten und siem aufrecht direkt in die Augen gesehen hatten.
Aber Yanis war der vielleicht allererste Mensch, der siem gegenüber wirklich keinerlei Anzeichen gab, zu erkennen, dass Urvi gut eineinhalbmal so groß war, dass Urvis Arme ungefähr den dreifachen des Umfangs der seinen hatten, und dass sein Kopf sehr wahrscheinlich komplett in Urvis Maul passen würde.
Yanis stand vor siem, die Hände locker an den Seiten herabhängend, interessiert abschätzend zu Urvi aufsehend, unbewaffnet, und anscheinend ganz zufrieden damit.
„Hallo“, sagte sie. „Ich hab gehört, du willst mich sprechen. Worum gehts?“
Urvi nickte. Yanis‘ Auftreten irritierte sien, aber eigentlich war es ein gutes Zeichen.
„Ich habe gehört“, antwortete sier, „Dass du eine echte Hzim bist.“ sie schnaubte noch einmal und schaute an ihr hoch und runter. „Du siehst nicht aus wie eine Hzim.“
Stimmte eigentlich nicht mal ganz, aber Urvi hatte sich entschieden, sie ein bisschen zu pieken. Die Art Antwort, die sier gerade brauchte, bekam sier auf diese Art am besten. Hoffentlich.
Zu Urvis Überraschung lachte der Mensch vor siem.
„Ja“, erwiderte Yanis. „Ich weiß.“ Etwas nachdenklicher nickte sie und schaute auf zu Urvi, direkt in siere Augen. „Ich sah mal aus wie eine Hzim. Gar nicht so lange her. Aber ist viel passiert seitdem.“
„Die meine Leute verprügelt hat in der Brücke, das warst du nicht, stimmts?“, fragte Urvi. „Das war eine andere?“
Sie nickte und schluckte.
„Das war … eine ehemalige … Kameradin von mir.“
Plötzlich war sie doch ein bisschen verunsichert. Aber nicht von Urvi, zumindest nicht direkt.
„Und bist du auch so gut, was meinst du?“
Sie lachte wieder. Urvi schnaubte und zog den Kopf ein Stück zurück.
„Nicht?“, fragte sier enttäuscht.
Urvi hatte sich mehr Selbstvertrauen von ihr erhofft.
Ihre Antwort heiterte sien wieder auf.
„Icara ist nicht gut“, sagte sie. „Es ist nur so, dass deine Leute wirklich sehr schlecht sind.“
Urvi lachte, auch wenn sier wusste, dass es sich für Yanis wahrscheinlich eher wie ein bedrohliches Grunzen anhörte.
„Ist das so?“
„Das ist so“, sagte sie, mit einem Unterton aufrichtigen Bedauerns. „Und ich meine das nicht einmal nach unserem … also, nach Shiu’Hzim-Standard. Sondern auch für so gewöhnliche Krieger*innen oder Söldner*innen. Deine Leute bewegen sich wie Packesel und haben den Kampfinstinkt von überfütterten Hauskatzen.“
„Hast du dir den Spruch vorher zurechtgelegt?“
Yanis zuckte die Schultern.
„Ich bin selbst ganz überrascht, dass mir das so glatt eingefallen ist. Normalerweise kann ich sowas nicht.“
„Ich glaube, ich mag dich“, sagte Urvi.
Es stimmte nicht ganz, aber sier sagte sowas manchmal, weil es gleichzeitig eine Machtdemonstration und ein Lob war.
„Ich glaube, du kennst mich überhaupt nicht und bist einfach nur scharf darauf, mich für dich arbeiten zu haben.“
„Und?“, fragte Urvi, „Wie stehen meine Chancen?“
Sie wiegte die Kopf von links nach rechts.
„Du hast Glück, weil … Naja, das ist kompliziert, aber jedenfalls hab ich nicht viele gute Alternativen zu was auch immer du mir gleich anbieten wirst. Aber noch hast du mir gar nichts angeboten, was vielleicht heißt, dass ich nicht die einzige Person hier im Raum bin, die nicht weiß, wie sie diese Verhandlung hier angehen soll.“ Sie schaute sich nachdenklich um, bevor sie fortfuhr: „Was mich überrascht, weil du doch bestimmt mehr Erfahrung mit Verhandlungen hast als ich. Wir hatten auf Yeshaga nicht viel zu verhandeln.“
„Das denkst du“, sagte Urvi. „Aber am Ende ist doch jede Interaktion irgendeine Form von Verhandlung. Und falls du mir jetzt gerade zu erzählen versuchst, dass du immer nur Befehle zu befolgen hattest: Du stehst jetzt hier. Und ich hoffe doch sehr, dass du damit nicht dem Befehl irgendeines*r Offizier*in folgst. Warum stehst du hier?“
„Ich hatte gehofft, deutlich genug gesagt zu haben, dass ich auf ein Angebot warte.“
Urvi wagte es nach kurzer Überlegung, eine Hand auf ihre Schulter zu legen, sehr langsam. Sie beobachtete die Hand mit sorglosem Interesse und schien sich jedenfalls nicht weiter daran zu stören.
„Ich mag dich wirklich“, sagte Urvi.
„Es ist mir wirklich egal“, antwortete sie. „Was übrigens eher für dich spricht, glaube ich. Meine Erfahrungen mit der Arbeit mit Leuten, von denen gemocht werden will, … waren bisher nicht so gut.“
Urvi nickte in Richtung der Tür, durch die sie gekommen war.
„Die drei anderen?“
„Es sind nur zwei“, antwortete sie. „Den dritten haben wir … Eigentlich geht dich das gar nichts an“, sagte sie schließlich.
Urvi zuckte die Schultern, ganz hoch, bis sie siere Hörner berührten, und breitete die Arme aus.
„Ist gut. Deine Freund*innen gehen mich nichts an. Aber wenn du ein Angebot willst, muss ich wissen, für was ich eigentlich biete, das siehst du doch bestimmt ein? Es gibt viele, die rumlaufen und behaupte, harte Leute zu sein, weil sie mal in einer Hzim-Burg waren, und die meisten von ihnen sind nach zwei Wochen rausgeflogen, weil sie’s nicht gepackt haben. Ich kenn dich nicht. Und mir ist nicht entgangen, dass du meine erste Frage vorhin nicht beantwortet hast. Bist du wirklich eine Shiu’Hzim?“
„Nicht mehr“, antwortete sie. „Sie haben mich rausgeworfen, weil … Also kurz gesagt, deshalb.“
Sie fuhr mit der geöffneten Hand mit gespreizten Fingern vor ihm Gesicht von oben nach unten.
Urvi stieß ein Schnauben aus.
„Ist es so schlimm? Ich habe kein gutes Auge für eure Gesicht, aber … ich wusste jedenfalls auch nicht, dass es bei den Hzim um Schönheit geht.“
„Es war komplizierter, aber ich habe vermutet, dass dich nicht meine ganze Lebensgeschichte interessiert. Ich hatte einen Unfall, eins kam zum anderen, jetzt bin ich nicht mehr Teil der Legion und sie suchen mich.“
„Das ist ein Nachteil“, sagte Urvi.
„Hast du erwartet, eine Hzim zu finden, die noch vollständig dazu gehört, glücklich in ihrer Burg und in ihrem Zug hoch angesehen und einfach nur so zum Spaß bei einer Gauner*innenbande anheuern will?“
„Punkt für dich“, grollte Urvi. „Aber du hast die Ausbildung gemacht? Du ganze?“
„Ja. Und ich habe gekämpft in Shiferiade und in Telmemi. Ich bin echt.“
Urvi nickte langsam.
„Was genau ist dein Plan? Wozu brauchst du jemanden wie mich? Für Schutzgelderpressung tun es deine Kinderschrecke doch sicherlich.“
„Ich hab mehr vor“, sagte Urvi. „Wir sind nicht einfach nur eine Gauner*innenbande.“
„Ich bin auf Yeshaga aufgewachsen, das weißt du, und sogar ich hab den Verdacht, dass es noch nie eine Gauner*innenbande in der Geschichte der Welt gab, die das nicht von sich behauptet hätte.“
Urvi konnte nicht lächeln, oder grinsen, und wenn sier es versuchte, sah es immer eher wie ein bizarres Zähnefletschen aus. Sier hatte sich deshalb andere mimische Möglichkeiten angewöhnt, für Menschen halbwegs freundlich und nicht zu bedrohlich auszusehen. Große Augen, langsames Nicken, hin und wieder auch Lippenlecken oder manchmal gegenüber halbwegs nahestehenden Menschen ein achtloses Seitlichheraushängenlassen sierer Zunge.
Es war nicht einfach, aber sier war halt eine wirklich riesige Person mit lange, kräftigen Hörnern und monströser Kraft, und oft war das gut, aber manchmal wollte Urvi auch nicht wie ein Monster war genommen werden. Das war dann schwierig. Aber sier tat sier bestes und mit Yanis schien sier immerhin gute Voraussetzungen zu haben.
Urvi schaute aus großen, offenen Augen zu ihr und fuhr sich mit der breiten Zunge über die Nase.
„Wir wollen ein Teil von etwas Größerem sein“, sagte sier. „Wir wollen ein Teil des Weges zu einer besseren, gerechteren Welt sein.“
Yanis lachte.
„Ach“, sagte sie. „Ist das alles?“
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„Glaubst du, sie ist jetzt weg?“, fragte Aki. „Und glaubst du, so oder so, dass sie uns wirklich gehen lassen?“
„Können sie uns denn aufhalten?“, fragte Laia grinsend.
„Das kommt drauf an, wie eilig sie es haben, oder wir“, antortete Aki. „Eine Weile brauche ich noch, bis ich mich ganz erholt habe.“
„Wollen wir denn, dass sie zurückkommt?“, fragte Laia nach einer etwas zu langen Pause.
Aki stutzte und zögerte.
„Ich muss zugeben … dass ich das bis jetzt einfach vorausgesetzt habe? Wollen wir nicht?“
„Naja. Ich hab ein schlechtes Gewissen, wenn es jetzt so auseinandergeht, schon klar … Aber was wollen wir denn eigentlich mit ihr? Narubolan haben wir befreit, auch wenns nicht genau nach deinem Plan gelaufen ist. Was hast du jetzt noch mit einer Söldnerin vor?“
„Naja, ich … Ich fing an, sie ein bisschen auch als Freundin zu sehen. Du anscheinend nicht?“
Laia seufzte.
Und dachte ein paar Sekunden nach, bevor sie sagte:
„Vergiss es, ich werd hier nicht die Böse sein, die das entscheidet. Ich werd hier nicht die gefühlskalte Person sein, die dir sagt: Nee, für mich war sie die ganze Zeit nur ein Werkzeug, ich hab sie nie als Mensch gesehen. Ich sag nur, ich hatte zuletzt jedenfalls nicht das Gefühl, dass sie uns besonders als Freund*innen gesehen hat, und ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, dass sie gefährlich sein kann, und wenn sie sich jetzt entscheidet, uns zu verlassen, wie viel Mühe wollen wir uns dann noch geben, sie davon abzuhalten?“
Aki schaute sie nachdenklich an.
„Ich denke immer noch, sogar wenn wir Freundschaft und andere emotional moralische Aspekte außen vor lassen: Wir bekommen keine zweite Gelegenheit, mit einer Shiu’Hzim zu arbeiten. Völlig sicher. Nie wieder.“
Laia zuckte die Schultern.
„Ja gut. Stimmt wahrscheinlich. Aber was ist denn auch dein Plan für die Zukunft? Sollen wir eine Kommandoeinheit werden, und sie ist das Schwert, du die Magie, und ich …“ Sie gestikulierte theatralisch geheimnisvoll-heimlich. „… der Schatten, der durch dunkle Gänge huscht, oder wie? Du hast das jetzt ein paar Mal gesagt, aber was wollen wir denn eigentlich mit einer Shiu’Hzim? Was ist diese Arbeit von der du redest?“
Aki blies Luft durch die Lippen und zuckte die Schultern.
„Ich weiß es doch auch nicht. Aber ich will einfach nicht den Rest meines Lebens auf einem großen unbequemen Stuhl sitzen und würdevoll gucken, das weiß ich. Und du willst doch sicher nicht den Rest deines Lebens …“
Laia hob einen Zeigefinger.
„Ah-ah-ah, jetzt pass gut auf, was du sagst. Und außerdem, wenn du die Meinung von einer Person hören willst, die sich diese Frage niemals wird stellen müssen: Es gibt sehr viel schlimmere Schicksale, als den Rest deines Lebens auf einem Thron zu sitzen, du arme gequälte Baron*in, du.“
„Ich weiß das. Ich will es trotzdem nicht. Und ich werde in zwei Wochen noch zittern von dem, was wir erlebt haben, vor Erschöpfung wie vor Angst. Aber was wir erlebt haben, war auch … Es hat sich richtig angefühlt, oder? Wir haben etwas Gutes getan!“
Laia schnaubte.
„Aki, wir haben einen Adligen aus einem luxuriösen Schlafzimmer geholt, das er eigentlich nicht verlassen sollte, und dabei sind in ein paar Minuten mehr Menschen gestorben, als ich bisher gehofft hatte, in meinem ganzen Leben sterben zu sehen. Und da war ein*e Untote*r! Ein*e richtige*r, gött*innenverfluchte*r, echte*r Untote*r! Si*er hat mich angefasst. Und da ist eine Gräfin, die uns jetzt hasst, eine ganze Stadt, die uns wahrscheinlich jetzt jagt, und vielleicht ein Krieg, den wir ausgelöst haben …“
„Oder verhindert.“
„Aki schieb dir deinen Optimismus … Naja, such dir selbst aus, wo du ihn hinschiebst, aber denk vielleicht noch mal drüber nach, wie angemessen er bei solchen Fragen ist.“
„Das versuch ich ja schon! Es geht mir darum: Wir haben uns Bestes versucht. Wir haben das Richtige getan!“
„Haben wir?“
„Wir haben geholfen, statt nur zuzusehen!“
„Haben wir?“
„Naja, wir haben eingegriffen.“
„Kann ich nicht leugnen.“
Aki sah Laia an. Laia schaute zurück.
Aki seufzte.
“Wir müssen mit ihr sprechen”, sagte sier schließlich.
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Yanis setzte sich wieder auf ihr Bett. Sie hatte keine Ahnung, wo Laia und Aki waren, und die Sorge, dass die beiden einfach schon das Gebäude verlassen und sich auf den Weg gemacht hatten.
Keine Autorität zu haben, die ihr Befehle gab, die sie einfach zu befolgen hatte, sondern Entscheidungen zu treffen, mochte seine Vorteile haben, aber es gefiel ihr irgendwie trotzdem nicht so recht.
Sie vermisste die Klarheit, eine Mission zu bekommen. Sehr. Das Graben vermisste sie nicht. Das Schlafen im Freien auch nicht besonders. Icara … Icara war verwirrend, denn Yanis vermisste Icara in sehr starker Ausprägung gleichzeitig sehr und sehr nicht.
Und einerseits bot Urvi ihr das. Nicht Icara, natürlich. Eine Mission. Ziele. Befehle. Endlich wieder Klarheit. Aber bevor sie das haben konnte, kam sie um eine Entscheidung nicht herum.
Und Laia …
Yanis schnaubprustete ein bitteres Lachen.
Wie absurd verzweifelt verschossen sie war in diese Person, die sie immer noch kaum kannte und von der sie nicht viel mehr wusste als dass sie die Agentin irgendeiner Baronie war und Yanis verraten hatte, um ihre*n Dienstherr*in zufrieden zu stellen.
Und trotzdem sehnte sie sich immer noch nach ihr.
Das alleine war auch schon wieder fast Grund genug, Urvis Angebot anzunehmen.
Um zu zeigen, dass sie … naja, dass ihr Laia vielleicht nicht egal war, aber dass sie darüber stehen konnte. Dass sie diesen Unfug überwinden und hinter sich lassen konnte und stärker war als ihre kindische … Abhängigkeit.
Sie hätte Laia erklären lassen sollen. Sie hätte mit ihr reden sollen, wirklich reden. Dann hätte sie sich immer noch überlegen können, wie sie damit umging.
Andererseits: Was gab es noch zu reden? Laia hatte sie belogen, manipuliert, benutzt. Natürlich hatte sie dafür irgendwelche Gründe, die in ihrem Kopf bestimmt auch Sinn ergaben, aber an der fundamentalen Tatsache ließ sich nicht rütteln. Was gab es also noch zu besprechen? Wer so mit ihr umging, war nicht ihre Freundin, konnte niemals eine Freundin sein.
Aber dann … Alle Menschen machten Fehler. Vielleicht tat es ihr leid. Es war eine schwierige Situation gewesen.
Aber in schwierigen Situationen zeigte sich der Charakter, oder? In Wohlstand und Sicherheit war es leicht, ein guter Mensch zu sein.
Obwohl mehr als genug Menschen es trotzdem nicht schafften.
Yanis lachte leise und schüttelte den Kopf.
An irgendeinem Punkt hatte sie den Überblick darüber verloren, was ihre Überlegungen überhaupt noch direkt mit der Entscheidung zu tun hatten, vor der sie stand.
Sie würde …
Jemand klopfte an der Tür.
„Können wir uns noch mal unterhalten … bitte?“ Yanis hätte sich selbst ins Gesicht boxen können dafür, wie ihr Herz höher schlug und ihr Atem schneller ging und ihre Mundwinkel sich zu etwas wie einem Lächeln formen wollten, als sie Lais Stimme hörte.