16. Türchen: Howdy


Gestern fiel mir auf, dass es hier bisher noch gar nichts mit Zombies gab, und weil das ein offensichtlich unhaltbarer Zustand ist, will ich dem umgehend abhelfen. Na gut, die Zombies kommen in diese Fragment jetzt noch nicht so dominant zum Tragen. Ihr könnt mich ja wissen lassen, ob euch das schon reicht, oder ob ichs noch mal mit mehr Blut und Gekröse versuchen soll. Ob ich das mache, überlege ich mir dann noch.

Viel Spaß!

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Howdy

Becky drehte sich um, und ihr Herz blieb stehen, als sie sah, wie weit Maggie zurückgefallen war. Ihre kleine Schwester war stehen geblieben, schaute den heranwankenden Gestalten entgegen und deutete auf etwas, das hinter ihnen auf der Straße lag.

„Mein Bunny!“ rief sie. „Mein Bunny!“

Eine der Figuren, eine alte Frau, deren Unterkiefer fehlte und neben einem klaffenden Loch ein grotesk entstelltes Gesicht hinterlassen hatte, fiel vornüber auf den Asphalt der Seitenstraße und schlug sich dabei ihre noch verbliebenen Zähne aus.

Die übrigen Untoten torkelten über sie hinweg, als wäre sie nichts als ein Teppich.

„Maggie!“ schrie Becky. Nein, sie kreischte. Ihre Stimme überschlug sich, und sie war in diesem Moment so wütend und furchtsam, dass sie über die Hässlichkeit in ihrer eigenen Stimme beinahe mehr erschrak als über die herannahenden Untoten. „Maggie, vergiss das Bunny, komm jetzt, sofort!“

Sie rannte zu ihrer Schwester, obwohl alle ihre Instinkte schrillten: Nein, nicht auf die Gefahr zu, weg, lauf weg, vergiss Maggie, wenn sie zu dumm ist, sich zu retten, ist sie selber Schuld!

Und sie hasste sich in diesem Moment für den Teil von ihr, der auf ihre Instinkte hören wollte, und der wusste, dass Maggie nur eine Belastung sein würde, nur ihre Lebenserwartung reduzieren und sie Zeit, Blut und Nerven kosten würde in den Tagen, Wochen, Monaten, Jahren?, die ihr noch verblieben.

Einer der Zombies erinnerte Becky an ihren Sportlehrer. Die gleiche peinliche Überkämm-Frisur, der gleiche bleiche Wanst, der aus der aufklaffenden Knopfleiste seines verwaschenen blauen Hemdes hervorblitzte, und der gleiche leer-gierige Ausdruck im Gesicht.

„Mein Bun-“

Maggies Ruf nach ihrem Lieblingsstofftier zerriss in ein anklagendes Jaulen, als Becky eine ihrer Hände packte und sie hinter sich her zerrte. Sie spürte den scharfen Ruck, als der Spielraum des kleinen Kinderarms aufgebraucht war und Maggie an der Schulter hinter ihr mitgezogen wurde, und sie hörte den verständnislosen Schmerzensschrei ihrer Schwester, aber sie konnte jetzt keine Rücksicht nehmen.

„Komm mit!“ kreischte sie Maggie an, „Komm mit, vergiss das Scheiß-Stofftier!“

„Mein Bunny!“ schluchzte das kleine Mädchen.

Tränen füllten Beckys Augen, aber statt ihr Mitgefühl zu verleihen, machten sie sie nur noch wütender. Ihre Kiefermuskeln spannten sich an, und sie packte ihre Schwester noch härter, fester als nötig gewesen wäre, und gab ihr einen ebenfalls völlig überflüssigen Ruck, in der Hoffnung, dass der Schmerz und der Schreck sie wachrütteln würden. Nein, wenn sie ehrlich war, wahrscheinlich vor allem in der Hoffnung, ihr ein bisschen weh zu tun. Becky war jetzt sehr wütend auf ihre Schwester, was sie wütend auf sich selbst machte, was sie noch wütender auf ihre Schwester machte, was Jähzorn wie Magma in ihr aufsteigen ließ. Sie fühlte die Wut wirklich wie eine zähflüssige Masse in ihrem Hals und konnte kaum atmen deshalb, das war schon immer Beckys Problem gewesen, aber nicht jetzt, sie durfte sich dem jetzt nicht hingeben, nicht je-

Eine Feuertreppe.

„Da!“ schrie Becky, unnötigerweise, denn Maggie war ja direkt hinter ihr und schluchzte und wimmerte nur leise vor sich hin. „Da müssen wir rauf. Komm!“

Sie drehte sich um kniete mit dem Rücken zu ihr vor Maggie nieder und zog die Arme ihrer kleinen Schwester über ihre Schulter.

„Nein!“ jaulte Maggie und stieß einen spitzen Schrei aus, „Nicht Huckepack! Ich will meinen Bunny!“

Die zähflüssige Masse aus Zorn und Frustration und Selbsthass wegen des Zorns und der Frustration und des Selbsthasses brach hervor, und Katja stieß ihrer Schwester einen Ellenbogen in die Rippen und fuhr sie an:

„Jetzt halt den Rand! Die wollen uns auffressen, du dumme Nuss, und jetzt sei still und tu, was ich dir sage!“

Maggie quiekte kurz, verstummte und sah ihre Schwester furchtsam staunend an, die Augen weit aufgerissen, wie ein zu Unrecht gescholtener Hund. Mit einer Hand rieb sie über die Stelle unter ihrem Arielle-Shirt, an der jetzt sicher ein blauer Fleck entstehen würde.

„Komm jetzt!“ zischte Becky, packte die Hände ihrer Schwester und legte sie sich um die Schultern. „Halt dich gut fest, aber nicht zu weit oben, sonst krieg ich keine Luft mehr. Und wehe du lässt los! Denk nicht mal dran.“

Maggie nickte, und die Angst in ihrem Blick brach beinahe Beckys Herz, und fachte gleichzeitig die lodernde Wut weiter an. Wie dämlich ist denn dieses Kind? fauchte die Stimme ihres Jähzorns. Wie nutzlos und gefährlich? Wie willst du mit der überleben? Lass sie hier. Es wird nur einmal kurz weh tun, und dann wirst du dich besser fühlen, für den Rest deines langen, langen, zufriedenen Lebens ohne diesen Klotz am Bein.

Aber sie hörte nicht auf die Stimme. Diesmal nicht. Nicht bei ihrer Schwester.

Becky packte die Sprossen der Leiter und zog sich daran hoch. Natürlich hielt Maggie sich so blödsinnig ungeschickt fest, dass ihre kleinen Hände sich bald an Beckys Hals festklammerten, genau über ihrem Kehlkopf, und als sie schließlich hustend und würgend durch ein zerbrochenes Fenster auf den Couchtisch eines verlassenen Wohnzimmers fiel, war ihr der dumpfe Laut, mit dem Maggie auf den Boden neben ihr aufschlug, völlig egal.

Es fühlte sich an, als hätte sie sich an den Scherben die Waden aufgeschnitten, aber auch das kümmerte sie nicht. Jetzt erst wieder atmen, wieder klar sehen, wieder …

„Howdy.“

Beckys Kopf ruckte in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war.

In einer dunkeln Ecke des Raumes auf einem fleckigen Sessel, saß ein Mann mit Jeanshose, Flanellhemd und Jeansweste, mit schütteren strohigen blonden Haaren, die in einem wilden Durcheinander bis auf seine Schultern herabhingen. An seiner Jeansweste hatte er verschiedene Buttons angebracht, von einem Tweety und einem gelben Smiley bis hin zu einem Hakenkreuz und einem von Greenpeace.

Ein muffiger, abgestandener Geruch hing in dem Raum, aber der musste natürlich nicht von ihm stammen.

„Ihr seid ja mal eine süße Überraschung“, sagte er. „Ich hatte gar nicht mit Besuch gerechnet. Aber da bin ich flexibel, also machts euch gemütlich. Mi casa es und so, ihr wisst schon.“

Er hob ein Glas von dem Tischchen neben seinem Sessel und schwenkte es in ihre Richtung.

„Bourbon?“

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19 Kommentare zu “16. Türchen: Howdy

  1. Wow, das ist gut.
    Mehr Beschreibung muss für mich zumindest nicht sein, weil ich Ungesagtes eh viel erschreckender finde.

  2. Ich frage mich echt jetzt: Warum gruseln sich Atheisten vor Dingen, die es gar nicht gibt? Und von denen sie auch wissen, dass es sie gar nicht gibt? Habe ich mich schon bei der Geschichte mit der bösen Frau unterm Bett gefragt. Oder glauben sie etwa doch irgendwie …….vielleicht im Unterbewußtsein….. an irgendwas Übernatürliches in dieser oder anderer Richtung… oder überhaupt? Ich meine, die Geschichte ist gut geschrieben, ja, keine Frage, aber warum müssen es Untote oder so ein Quatsch sein, vor denen man wegläuft? Und vor allem, warum erschreckt oder gruselt sowas diejenigen, die es lesen?

  3. @ Fabian: Was Ach….? Meine Frage war wirklich ernst gemeint. Ich verstehe das irgendwie nicht.

  4. @Christina: Ach, weil deine Frage kaum beantwortbar ist, weil sie so viele Voraussetzungen enthält, die wir erst mal klären müssten.
    Mein Versuch: Das ist keine Unterscheidung, die zwischen Atheisten und Theisten verläuft. Manche Menschen fürchten sich vor Zombies (Ich zum Beispiel nicht.), andere vor Bauchrednerpuppen (Ich zum Beispiel.), wieder andere vor Vampiren (Ich zum Beispiel nicht.) oder vor dem, was sie in der Dunkelheit nicht sehen können (Ich zum Beispiel manchmal.)
    Dass ich zum Beispiel Bauchrednerpuppen gruselig finde, rührt nicht daher, dass ich glaube, sie wären irgendwie gefährlich. (Sie sind in der Regel langweilig und auf extrem peinliche Weise nicht lustig, aber das ist was anderes.) Es ist eine emotionale Reaktion, die verschiedene Ursachen in meiner Veranlagung und meinen Erfahrungen hat.
    Und das funktioniert nicht nur bei Angst. Ereignisse in Geschichten rühren mich zu Tränen, bringen mich zum Lachen, oder können mich auch sehr verärgern. Ob dem ein reales Ereignis zugrunde liegt, spielt dabei keine Rolle. Ich würde so weit gehen zu behaupten, dass das bei allen Menschen grundsätzlich der Fall ist, auch wenn natürlich nicht jeder auf die gleiche Art Geschichte auf dieselbe Weise reagiert.
    Warum es Untote sein müssen: Müssen es nicht. Ich müsste überhaupt keine Geschichten schreiben. Ich könnte immer dieselbe schreiben. Oder stattdessen Bilder malen oder Blockflöte spielen. Aber ich mach das, was ich hier mache. Weil es mir Freude bereitet. Und ein wesentlicher Bestandteil dieser Freude ist gerade die Abwechslung. Heute schreibe ich über Zombies, morgen vielleicht wieder über Aliens, und ein ander Mal über Ereignisse, die wirklich so stattfinden könnten.
    Zombies mag ich persönlich zum Beispiel nicht besonders, aber sie haben natürlich schon ein paar Eigenheiten, die sie für manche Arten von Geschichten zu einer nützlichen Einrichtung machen. Sie bieten etwa aufgrund ihrer hohen Präsenz in der Popkultur eine schnelle und für jeden einleuchtetende Erklärung für eine postapokalyptische Welt und eine Bedrohung, die jeder sofort versteht und einordnen kann. Dazu könnte ich jetzt natürlich auch noch viel mehr schreiben, aber wenn du es ausführlicher möchtest, lege ich dir Google ans Herz, denn das haben andere schon besser getan, als ich es hier hinbekäme.
    Als kurze Darstellung meiner Position genügt dies hoffentlicht.

  5. Wow, die war richtig gut.
    Die Beschreibung der Wut fand ich sehr gelungen.
    Und die Wendung am Schluß natürlich, die mich schon wieder so schrecklich neugierig zurücklässt…….

  6. @ Fabian: Erstmal danke für deine lange Erklärung. War für mich schon aufschlußreich. Dann habe ich dein „Ach“ anscheinend wohl falsch interpretiert. Was du über eure Arten von Angst schreibst, finde ich sehr interessant. Ohne jetzt eine lange Diskussion vom Zaune zu brechen, möchte ich dir aber in dem Punkt:

    Das ist keine Unterscheidung, die zwischen Atheisten und Theisten verläuft.

    einfach mal sanft widersprechen. Ich wüßte nämlich nicht, warum ich mich vor egal welchen von dir beschriebenen (unrealen) Dingen fürchten sollte? Und das tue ich auch nicht. Das scheint anscheinend doch mit dem Glauben und Vertrauen in Gott etwas zu tun zu haben. Das ist mir gerade so richtig aufgegangen. Insofern besteht da wohl doch ein Unterschied zwischen uns. Aber ich finde es auch äußerst interessant, dass Menschen, die doch sonst so ganz dem Materialismus ergeben sind, hier plötzlich anfangen sich zu fürchten, obwohl sie gar keinen Grund dafür haben und es eigentlich jeglichem logischen Menschenverstand widerspricht, dieses zu tun. Mir fällt dazu eigentlich wirklich nur ein, dass Gott doch wirklich jedem Menschen was ins Herz gelegt hat (auch wenn dieser das verdrängen kann), nämlich die Ahnung, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als was wir sehen und erklären können.

  7. @Christina: Hast du uns mal wieder entlarvt. Glückwunsch.
    Und wir haben das Amüsement deiner Kommentare.
    Allen Menschen ein Wohlgefallen, wie es sich zu Weihnachten gehört.

    Aber mal im Ernst: Dir leuchtet nicht ein, dass eine Geschichte in einem Menschen Trauer, Freude, Belustigung, Furcht, Wut, alle möglichen Emotionen auslösen kann, obwohl er genau weiß, dass sie nicht real ist? Du empfindest nichts, wenn du dir Filme ansiehst, Bücher liest, oder Musik hörst, die nicht reale Ereignisse widerspiegeln, weil du ja weißt, dass die beschriebenen Ereignisse nicht stattgefunden habe, und es deshalb jeglichem logischem Menschenverstand widerspräche, dieses zu tun? Du hast keinerlei Empathie mit fiktiven Figuren aus Kunst und Literatur? Die Bilder von Dalí berühren dich nicht, weil sie ja nichts Reales darstellen?
    Es fällt mir schwer, dir das abzukaufen, aber andererseits mag es Menschen geben, denen das so geht, und vielleicht bist du ja wirklich einer von denen. Ich würde dann immer noch bezweifeln, dass da ein Zusammenhang zwischen dieser Unfähigkeit, sich von Kunstwerken berühren zu lassen und dem Glauben an einen Gott besteht, aber wenn einer bestünde, dann fürchte ich, dass du uns allen hier gerade diesen deinen Glauben noch mal ein gutes Stück weniger attraktiv gemacht hättest, als er für uns ohnehin schon aussieht.

  8. @ Fabian: Mich kann eine Geschichte berühren, ohne dass ich mich davor fürchten muß. Vielleicht fiebere ich mit den Gestalten mit, wenn sie in Gefahr sind bei einem spannenden Film z. B. oder freue mich daran, wenn ein Film gut ausgeht. Ich liebe Filme mit Happy End. Und ärgere mich bzw. bin enttäuscht, wenn da ein doofer Schluß kommt. Das ist aber nicht das, was ich meinte. Vielleicht hast du mich da mißverstanden. Die Kommentatoren zum 10. Adventstürchen äußerten sich dahingehend, dass sie sich gruselten vor deiner Geschichte und sie aus diesen Gründen noch später am Abend nicht gerne hätten lesen wollen oder so ähnlich…… Hmmmm…. ja….wie soll man das jetzt deuten?

    Also ich persönlich sehe keinen Grund für mich, mich vor fiktiven Gestalten (Zombies, Vampire, Geister usw.) zu fürchten, sei es in einer Geschichte oder in einem Film. Warum auch? Darum ging es mir. Nicht um die Furcht vor realen Personen. Ich habe vielleicht in manchen Situationen, wenn ich im Dunkeln unterwegs bin, auch manchmal ein flaues Gefühl, aber nicht, weil ich mich vor Phantasiewesen fürchte, sondern, weil vielleicht die Möglichkeit bestehen könnte, dass mich eine reale wirkliche Person überfällt oder was weiß ich. Du schriebst oben, du hast manchmal im Dunkeln Angst, vor etwas, was du nicht sehen kannst. Die Frage wäre hier: Vor was oder wem hast du da Angst? Fürchtest du eine reale Bedrohung durch ein Tier oder Menschen oder hast du Angst, weil da plötzlich deine Phantasiegestalten zum Leben erwachen könnten? Warum überfällt dich also die Furcht, wenn du etwas nicht erkennen kannst? Das ist hier die entscheidende Frage.

    Habe das jetzt sicher wieder umständlich und viel zu lang ausgedrückt. Hoffe, du verstehst, worauf ich hinaus wollte. Es soll ja Leute geben (und sicher nicht so wenige 🙂 ), die würden sich gruseln, nachts über einen Friedhof zu gehen. Hätte ich z. B. kein Problem damit, wenn mir jemand glaubhaft versichern könnte, dass sich dort keine Lebenden (also wirklich realen Menschen oder wilden Tiere) herumtreiben, die dort auf ein Opfer lauern, dass sie überfallen können. Aber Geister, Zombies, Vampire – Nein….davor hätte ich keine Angst. Weder im realen Leben noch in einer Geschichte oder Film.

    Dass das Fehlen von Angst vor Geistern, Zombies, Vampiren meinen Glauben unatraktiv machen soll, kann ich nicht nachvollziehen. Angst allgemein ist doch nun wirklich nicht das tollste Lebensgefühl.

    Aber ich gönne euch ein bißchen Amüsement. 🙂

  9. @Christina: Für mich gehört das alles zusammen. Ich weine mit fiktiven Figuren, ich lache mit ihnen, und fürchte mit ihnen. Nichts davon ist für mich ein Problem, sondern das alles ist Bestandteil der fiktiven Erfahrung, und ich will nichts davon missen. Das heißt nicht, dass ich im Dunkeln mit Angriffen von Zombies rechne. Ich kann mit Clementine aus Walking Dead weinen, obwohl ich weiß, dass sie nur eine gezeichnete Figur ist, und ich kann mich vor dem Ding ohne Gesicht fürchten, obwohl ich weiß, dass ich mich nicht davor fürchten muss. Dadurch wird es ja genießbare Furcht. Und beides ist wunderbar und erweitert meinen Horizont. Wenn du diese eine Emotion nicht aus Kunstwerken beziehst, und dir damit nichts fehlt, auch gut. Ich kann nicht verbindlich für die anderen hier sprechen, aber ich würde wetten, dass niemand von denen auf den Grusel verzichten möchte, den gute Geschichten auslösen können. Vielleicht ist das der Haken für dich. Vielleicht ist Furcht für dich immer etwas Schlechtes, das es zu vermeiden gilt. Aber das ist halt Geschmackssache.

  10. @Christina: Hast du deinen Kindern nie Gruselgeschichten erzählt oder vorgelesen, mit leiser Stimme im Halbdunkeln, unter einer Decke zusammengekuschelt (Da darf kein Fuß rausgucken, denn nur unter der Decke ist man sicher.) und dich mit ihnen zusammen an diesen wohligen Gruselgefühlen erfreut?

  11. @ Guinan: Nein, hab‘ ich nicht und niemand hat es vermißt. ^^
    Aber die Frage ist doch eigentlich: Warum gruseln sich Menschen überhaupt vor Dingen, die es nicht gibt? So rationale Menschen wie ihr? Die an nichts übernatürliches ansonsten glauben. Das paßt irgendwie nicht zusammen. Auffallend ist für mich hier, dass dieses Gruselerlebnis nichts mit schlimmen Erfahrungen an sich zu tun hat, denn die blutdrünstigen Piraten oder andere böse Menschen in den Geschichten ängstigen euch weniger (das ist halt nur spannend, mehr nicht). Nur wenn es ans Übersinnliche geht, dann gruselt man sich. Bei Esoterikern wäre mir das verständlich, aber bei euch? Darauf wollte ich hinaus.

  12. @Christina: Bitte entscheide dich. Möchtest du, dass wir die erklären, wie wir das erleben und wie wir darüber denken, oder möchtest du uns deine fertig vorgefasste Meinung vor die Füße kippen? Ich erläutere dir das gerne, aber das macht keinen Spaß, wenn du dir dazu Dinge ausdenkst, die niemand gesagt hat, und daraus Schlüsse ziehst, die keinen Sinn ergeben. Noch ein Versuch: Ich kann vor Dingen Angst haben, die nicht existieren, genau so wie ich um Menschen weinen und mit Menschen lachen kann, die nicht existieren. Man nennt diese Funktion des Gehirns gemeinhin Fantasie, und ich würde sie nicht missen wollen, weil sie mir große Freude bereitet. Du hast sie doch offensichtlich auch und kannst genauso die Vorstellung fiktiver Situationen genießen, wenn das richtig verstanden habe. Mir ist deshalb nicht klar, wieso dir das umgekehrt bei uns so ein großes Rätsel ist. Wichtig ist natürlich, dass man die Fähigkeit behält, zwischen Fantasie und Realität zu unterscheiden, und ein Bewusstsein dafür behält, dass in Wahrheit keine Monster und unsichtbaren Zauberer existieren, auch wenn man die Vorstellung unterhaltsam findet. Das ist wichtig für ein rationales Weltbild. Deine Annahme, ich würde mich nur vor übernatürlichen Bedrohungen fürchten, ist übrigens falsch, und wahrscheinlich trifft sie auch auf die anderen Mitleser hier nicht zu.

  13. @ Christina (und alle anderen): Dass Christen sich allgemein nicht gruseln, kann ich nicht bestätigen, eher das Gegenteil. Bei Rüstzeiten (Wer das nicht kennt: so eine Art christliches Ferienlager) gab es immer mindestens einen Abend, an dem wir ums Feuer saßen und uns Gruselgeschichten erzählten, und ich erinnere mich an eine denkwürdige Nachtwanderung, bei der die Betreuer als Geister verkleidet aus dem Feld gesprungen kamen. So weit ich weiß, hatte nie jemand ein Problem damit. Christentum und Grusel schließen sich also keineswegs aus.
    (Und das mit dem „ganz dem Mateterialismus ergeben“ finde ich lustig. Wer macht denn hier die kostenlosen Adventskalender?)
    Im Übrigen hat Fabian schon das Meiste dazu gesagt. Ich würde begrifflich vielleicht ein bisschen schärfer trennen zwischen Gruseln (mich in eine Geschichte vertiefen, die irgendwelche spannungssteigernden Elemente enthält, von der ich aber weiß, dass ich das Buch jederzeit zuklappen kann, zB Zombiegeschichte) und Fürchten (eine reale Gefahr vermuten, der ich mich eventuell stellen muss, zB Schritte hinter mir nachts in einer einsamen Gasse). Das geht sprachlich auch bei mir manchmal ein bisschen durcheinander, aber das sind gefühlsmäßig zwei komplett unterschiedliche Sachen.

  14. @Joan: Ich trenne da sehr scharf. Dir wird aufgefallen sein, dass ich den Begriff „gruseln“ kein einziges Mal benutzt habe. Das ist, weil ich ihn nicht mag. Er ist für mich leer. Ich habe keine Empfindung, die dem entspricht. Ich kann Angst haben vor Dingen (oder einfach so Angst haben, ohne konkreten Gegenstand), und ich kann Dinge auf rationaler Ebene als nicht wünschenswert und/oder gefährlich einstufen. Gruseln hat für mich keine Bedeutung. Anderen Menschen mag es da anders gehen, aber den Teil hat mir noch niemand so erklärt, dass ich wirklich einen Unterschied sehe.

  15. @ Joan:

    Was den „Materialismus“ angeht, hast du mich mißverstanden. Das Wort kann man sicher auf verschiedene Weise gebrauchen und es hat verschiedene Bedeutungen. Eine davon ist sicher die, die du hier ansprichst. Aber die meinte ich nicht. Ich meinte mit „dem Materialismus ergeben“ einfach eine Weltsicht, die nur Dinge akzeptiert, die materiell erfassbar sind. Das schließt z. B. den Glauben an Gott oder Geistwesen allgemein aus. Und darum ging es mir bei der Sache.

    Zum Abschluß noch was Schönes. Wir wollen uns doch vertragen, nicht wahr? 😉 Hat jemand Lust von euch auf ein leckeres Dessert ? (ist bei uns der Renner zur Zeit) und macht wenig Aufwand. Vielleicht sogar was für Weihnachten als Nachtisch:

    Man braucht:
    1 Glas Schattenmorellen oder Sauerkirschen
    500 g Magerquark
    100 g Zucker (ich nehme immer etwas weniger)
    200 ml Schlagsahne
    1 Vanillezucker
    1 Sahnesteif
    200 g Schokoknuspermüsli (vom Gelb/Schwarzen NETTO…..es geht aber sicher auch anderes)

    Die Kirschen über ein Sieb abtropfen lassen. Dann in eine flache Glasschüssel geben.
    Quark und Zucker miteinander verrühren. Die Sahne mit dem Vanillezucker und dem Sahnesteif schlagen und unter die Quarkmasse heben. Dann diese Mischung auf die Kirschen geben. Obenauf das Schokoknuspermüsli (vorher in eine Plastetüte geben und mit dem Fleischklopfer oder einem anderen harten Gegenstand etwas zerkleinern….etwa auf Maiskorngröße) Guten Appetit! 🙂

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