14. Türchen: 9. Türchen


Auf vieldreifachen Wunsch setze ich heute das neunte Türchen des befreundeten Adventskalenders von Kunst, Juristerei und Zombies um.

Viel Spaß.

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Das Rendezvous

Catheryn lachte so heftig auf, dass sie sich an der Wand abstützen musste, um nicht umzufallen. Vielleicht waren die Absätze ihrer rosafarbenen Pumps doch ein bisschen zu hoch. Sie war es nicht gewohnt, solche Schuhe zu tragen.

Es war tatsächlich ein bisschen albern. Nicht nur der Aufzug an sich, obwohl der auch schon lächerlich genug war, aber die Situation, und ihre eigene emotionale Reaktion darauf, die ihr gerade bewusst geworden war.

Sie hatte wirklich angefangen, vor dem Spiegel noch an ihrem Kleid herumzuzupfen und ihre Haare richten zu wollen. Als würde es auf solche Details ankommen.

Es würde schnell gehen, wenn sie erst einmal in seiner Wohnung war. Der Talisman in ihren Ohrringen würde sie auf die fremde Präsenz hinweisen, und sie würde ihn töten.

Catheryn war sich sicher, dass Edward ein Paktierer war. Vielleicht sogar noch mehr. Vielleicht verbarg sich unter seiner Haut sogar ein Fremder. Sie wusste nicht genau, welches Wesen seine Maske trug, aber sie hatte keinen Zweifel, dass er einer von ihnen sein musste. Die Zeichen waren zu offensichtlich.

Er trug ein Medaillon mit den Zeichen R’Lyehs um seinen Hals.

Sie hatte ihn während der Observation immer wieder auf den alten Friedhof am Rand der Stadt schleichen sehen.

Und der Sprung, mit dem er sich letzten Donnerstag vor seinen Verfolgern über eine Mauer gerettet hatte, war eindeutig nicht menschlich gewesen.

Trotzdem würde sie das Signal des Talismans noch abwarten. Um ganz sicher zu gehen. Sie wollte nicht am Ende doch noch herausfinden, dass alles nur ein Missverständnis gewesen war.

Die Axt von Ay-Sharan war ein bisschen sperrig, aber falls er nicht nur ein Paktierer sein sollte, sondern tatsächlich ein Wesen aus fremden Welten seine Maske trug, würde eine handlichere Waffe nicht genügen.

Für die wenigen Sekunden, die es dauern würde, bis sich die Tür hinter ihr schloss, würde Catheryn sie hinter ihrem Rücken verbergen, und danach war es ohnehin egal.

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Edward richtete den Knoten seiner Krawatte und schaute auf seine Manschetten herab. Er ließ sich auf ein Knie herabsinken und wischte mit einem Taschentuch einige Staubkörnchen und eine Unregelmäßigkeit im Glanz des Lacks von seinem Schuh, erhob sich wieder, warf das Taschentuch in den Papierkorb und faltete sein Einstecktuch um. In dieser Form hatte er es schon gestern getragen.

Sicher, seine Verabredung mit Catheryn war kein echtes Date, aber das war kein Grund, wie ein Landstreicher die Tür zu öffnen. Der angenehmste, günstigste, bequemste und rundum beste Weg, etwas zu tun, ist richtig beim ersten Mal, hatte sein Mentor immer gesagt, und Edward war noch auf keine Situation gestoßen, in der sich dies nicht bestätigt hätte.

Außerdem war er sich ja nicht völlig sicher, dass Catheryn wirklich eine von ihnen war.

Es sprach vieles dafür. Sie hatte ihm in letzter Zeit oft an den verschiedensten Orten aufgelauert, ihn offensichtlich verfolgt und beobachtet, und verfügte unbestreitbar über einige Alte Artefakte, die Normalsterblichen nicht zugänglich sein sollten.

Dennoch bestand die Möglichkeit eines Missverständnisses, und er wollte völlig sicher gehen, bevor er eine Entscheidung traf.

Er würde ihr kein Leid zufügen, solange sie nicht den ersten Schritt tat und ihn angriff.

Weil er damit aber sehr bald rechnete, griff er nach seinem Dolch, als es an der Tür klingelte, und hielt ihn in seiner linken Hand hinter seinem Rücken verborgen. Mit seinem charmantesten Lächeln öffnete er.

„Guten Abend. Welch eine Freude, Sie zu sehen.“

„Ganz meinerseits“, erwiderte Catheryn.

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Aus der Finsternis der Nacht auf dem Balkon beobachtete das Ding mit der gelben Maske die beiden Sterblichen, die danach strebten, seine Pläne zu durchkreuzen.

Es zitterte voller Vorfreude in seiner seidenen Larve, und stieß sein blasphemisches Lachen in die niederen Sphären, während es zusah, wie die beiden Narren, die glaubten, die Welt beschützen zu können, ihre eigenen Schwänze jagten und an den Fäden des unaussprechlichen Dinges tanzten wie frisch bemalte Marionetten aus wurmstichigstem Holz.

Das Ding mit der gelben Maske wusste, dass bald niemand mehr ihm und seinen Dienern im Weg stehen konnte, und genoss die groteske Aufführung, die der endgültigen Entscheidung vorauszugehen sich anschickte.

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6 Kommentare zu “14. Türchen: 9. Türchen

  1. Ich schließe mich hier Christina an.
    Ich hatte das ja schonmal erwähnt: Mich fasziniert eben, wo das ganze Zeug herkommt. Ich sehe nur Mann-Frau-Axt-Dolch, und Du siehst ganze Welten?! Und teilst sie freundlicherweise mit uns.
    Ich weiß das zu würdigen.

  2. Danke fürs Umsetzen!
    An Fantasy hab ich beim Zeichnen überhaupt nicht gedacht, aber die Idee gefällt mir. Nur beim letzten Absatz, da weht so viel H.P. Lovecraft…

  3. Ich bedaure, euch enttäuscht zu haben und kann vielleicht als kleine Beruhigungsinformation anbieten, dass ich Lovecraft auch nicht leiden kann und daher keine weitere Ausfälle in dieser RIchtung zu befürchten sind.

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