Generationenschiff (27)


Und da haben wir auch schon das nächste Kapitel! Es ist kein schöner Anblick, ich weiß, aber ich. Gebe. Nicht. Auf!

Viel Spaß!

Was bisher geschah

Im ersten Kapitel begleiteten wir Professor Rodney Advani zu einem Besuch bei Präsidentin Sima, um mit ihr über eine bedrohliche Entdeckung zu reden, lernten Kapitänin Tisha kennen, die ebenfalls gerade eine solche gemacht hat und dafür von Jeanne auf der Brücke eingeschlossen wurde, sahen Banja bei einer nicht sehr glücklichen Prüfung für seine Arbeit als Tinker zu, und wurden Zeuge, wie Jahre später Jole und Kentub darüber beraten, wie sie mit den aktuellen Erkenntnissen über den Planeten umgehen, der das Ziel ihrer Mission sein sollte.

Im zweiten Kapitel hat Piedra zunächst einen Unfall bei einem Außeneinsatz und führt dann ein schwieriges Gespräch mit Psmith, und die Präsidentin entscheidet, die Idee einer KI zur Kontrolle der Mission weiter zu verfolgen.

Im dritten Kapitel debattiert der Besatzung der Humanity über die Vor- und Nachteile einer Landung auf Last Hope versus derer eines Weiterflugs zu einer anderen wirklich allerletzten Hoffnung, Piedra versucht vergeblich, mit Wu über ihren Verdacht gegen Smith zu reden und wendet sich deshalb an Tisha, die gerade gar keine Lust hat, mit so etwas behelligt zu werden, und im Übrigen ist Senator Bowman der Meinung, dass der Planemo vernichtet werden muss.

Im vierten Kapitel wimelt Tisha Piedra ab und sieht mit Jeanne zusammen ein Video von unfassbarer historischer Bedeutung, Nico und Banya fachsimpeln über die Erde und bekommen Besuch von Piedra, und in unserer Zeit versucht Jerry Martinez, die ihn ihre KI gesetzten Erwartungen zu dämpfen.

Im fünften Kapitel folgt Jeanne Kentubs Empfehlung, Tisha will dem Ruf der Natur eigentlich nicht folgen, und Piedra versucht vergeblich, Banya ihren Verdacht gegen Psmith zu erklären.

Im sechsten Kapitel gerät Piedra mit Psmith aneinander, Kentub und Jeanne mit Marchand, und Rodney mit Jerry Martinez.

Im siebten Kapitel verhört Jeanne erst Piedra und dann Tisha, Kentub und Jeanne gehen zu dem Fremden, und Jerry und Rodney diskutieren über die Rettung der Menschheit.

Im achten Kapitel verkündet Jeanne in einer Teambesprechung einige wichtige Neuigkeiten, Kentub versucht, mit dem Fremden zu diskutieren, und Jeanne ernennt ihn zum neuen Kapitän.

Im neunten Kapitel streitet sich Banja zuerst mit Piedra und sagt dann seinem Vater, dass er sie nicht will. Kentub hält das für keine gute Idee.
Später versucht Kentub, die Kampfhandlungen zwischen den verfeideten Fraktionen an Bord der Humanity zu beenden indem er Marchant seine Position nahebringt, während auf Last Hope die Dienerinnen des Ersten Staates von einem neuen Stern erfahren.

Im zehnten Kapitel verbünden Tisha und Piedra sich gegen Psmith, um dann von ihm überrascht zu werden (also, nicht in dem Sinne, das sie sich dafür verbündet haben… Ihr wisst schon. Ja, das ist eine blöde Formulierung. Ich gewöhn sie mir ab.), Rodney besucht die Einrichtung, in der die Kinder für die lange Reise vorbereitet werden, Banja meldet sich freiwillig, und Kentub ringt mit den Konsequenzen seiner Entscheidung.

Im elften Kapitel verabschiedet Banja sich von Nico, Kentub betritt Last Hope, und Rodney lernt Celia kennen.

Im zwölften Kapitel redet Psmith mit Tisha und Piedra, Kentub begegnet Jeanne auf Last Hope, seine Transportgelegenheit verstirbt, und Präsidentin Sima gibt ein Interview.

Im dreizehnten Kapitel sehen wir die Ereignisse zwischen Kentub und Marchant noch einmal aus Marchants Perspektive, Marchant rettet ihn auf Last Hope, und Psmith erklärt weiter seinen diabolischen Plan. Der Schuft.

Im vierzehnten Kapitel berät die Präsidentin über Methoden zur Konservation der Besatzung, Marchant und Kentub reiten auf Jeanne über Last Hope und werden verfolgt, und Psmith wird endlich fertig damit, seinen diabolischen Plan zu erklären. Der Schuft.

Im fünfzehnten Kapitel macht Jeanne der Besatzung eine Ansage, und Kentub und Tisha beraten anschließend mit ihr, wie sie die umsetzen, und in der weiteren Zukunft führen die fremden Kreaturen Jeanne, Kentub und Marchant in die Dunkelheit.

Im sechzehnten Kapitel versucht Jole mit den übrigen Kolonistinnen eine Entscheidung zu treffen, Tisha sägt an Kentubs Stuhl, Marchant ereilt schon wieder sein Schicksal, und Kentub versucht, eine Meuterei zu vermeiden, mit unwillkommenere Hilfe von Jeanne.

Im siebzehnten Kapitel reitet Kentub auf Jeanne zu der toten Riesentermite zurück, die Präsidentin gibt ein Interview, und Banja zweifelt an seinen Entscheidungen.

Im achtzehnten Kapitel beendet Jeanne eine Meuterei, und erst Jole und Nimue und dann Jole, Kentub und Jeanne debattieren über die Zukunft der Kolonie.

Im neunzehnten Kapitel verhandelt Kentub mit Nimue über Ressourcen, diskutiert danach mit Jole und Jeanne die Zukunft der Kolonie, Banja möchte ein Held sein, eine Zeitung berichtet über die Machenschaften der Regierung Sima und Nimue begegnet mit Piri zusammen einem der Termitenwesen.

Im zwanzigsten Kapitel trifft sich die Besatzung im Arboretum, und Banja und Piedra führen ein Gespräch. Präsidentin Sima verschiebt die Wahlen. Und Piri und Nimue erhalten ein Geschenk, und geben eins zurück.

Im 21. Kapitel ersteht Kentub von den Toten auf, oder bleibt eigentlich erst mal liegen, erwacht aber immerhin zum Leben, Banja betritt das Schiff der Fremden und trifft dort 1 alten Bekannten, und Kentub droht, an seinen Kolonist*innen zu verzweifeln, aber dann kommt 1 Raumschiff.

Im 22. Kapitel begegnen Kentub und Banja einander wieder, und Nimue und Psmith führen ein nicht unproblematisches Gespräch.

Im 23. Kapitel erleben wir eine entgleisende Demonstration gegen Präsidentin Simas geheime Projekte.

Im 24. Kapitel reden Kentub und Jole über das Hydrokulurset, Nimue und Psmith über Waffen, Rodney will mit der Präsidentin sprechen, und Jole und Piedra gehen auf eine Reise.

Im 25. Kapitel versucht Nimue vergeblich, schlafen zu gehen, Jole und Piedra versuchen weniger vergeblich, zu Nimues Siedlung zu reisen, und Nimue ist wiederum relativ erfolgreich mit ihrem Versuch, Psmith zu verprügeln, nachdem sie ihm in den Gang gefolgt ist.

Im 26. Kapitel muss Rodney Sima eine schwierige Mitteilung machen, Jole und Piedra erreichen Nimues Siedlung, und Banja plaudert mit dem Fremden.

Was heute geschieht

14. November 2058
„Sie können dann jetzt Chris reinschicken.“
Präsidentin Sima ließ den Knopf der Gegensprechanlage los, von der sie vermutete, dass es womöglich sogar noch dieselbe war, die schon Carter benutzt hatte, hob kurz eine Augenbraue, als keine Antwort kam, zuckte die Schultern und fuhr dann damit fort, die Karten zu unterschreiben, die rechts neben ihr einen immer noch bedrohlich hohen Stapel bildeten.
Weil sie beim Unterschreiben immer ein bisschen die Zeit vergaß, war sie nicht sicher, wie viel davon vergangen war, bis sie bemerkte, dass Chris immer noch nicht da war, und auch niemand ihre fortgesetzte Abwesenheit erklärt hatte.
Sie drückte noch mal auf die Gegensprechanlage.
„Sergej? Ist Chris noch nicht da?“
Immer noch keine Antwort.
Sima zog die Augenbrauen zusammen, seufzte, und stand auf – als sich die Tür zum Oval Office öffnete.
Zwei Frauen in identischen Hosenanzügen mit sehr weißen, sehr zugeknöpften Hemden kamen herein, schlossen die Tür hinter sich, traten an Simas Schreibtisch heran und legten ihre identischen matt glänzenden Aluminium-Aktenkoffer darauf ab.
„Guten Tag“, sagte die rechte von ihnen.
„Guten Tag“, sagte die linke.
Sima begann sich zu fragen, ob sie träumte, als ihr klar wurde, dass die beiden Frauen selbst auch identisch aussahen.
„Was machen Sie hier?“, fragte sie.
Die Frage, wie die beiden hier reingekommen waren, lag ihr auf der Zunge, aber sie biss die Zähne zusammen.
„Wir möchten uns mit Ihnen unterhalten“, sagte die Rechte.
„Ein Gespräch“, sagte die linke.
„Über, sagen wir“, sagte die rechte.
„Synergien“, ergänzte die linke.
„Dürfen wir Platz nehmen?“, fragte die rechte.
„Gehe ich Recht in der Annahme, dass Sie mir vermitteln werden, dass ich zwar in dieser Frage die Wahl habe, Sie aber nicht los werde, falls ich darum bitten sollte?“
Die beiden nickten.
Sima drückte den Schalter auf dem Sprechgerät. Keinerlei Geräusch. Normalerweise klickte und summte es immer leise.
„Hallo?“, fragte sie.
Keine Antwort.
Es fühlte sich immer mehr wie ein Traum an.
Sie sah zu den beiden auf.
„Was passiert, wenn ich einfach aufstehe und zur Tür gehe?“
Die beiden Frauen schüttelten den Kopf.
„Wie …“ Sima schüttelte den Kopf und zuckte die Schultern. „…?“
„Sie haben keinen Grund, zur Tür zu gehen“, sagte die rechte Frau.
„Alles spricht dagegen“, sagte die Linke.
„Wir sind gekommen, um zu verhandeln“, sagte die rechte Frau.
„In wessen Namen?“, fragte Sima. „Für wen? Hat Luo Sie geschickt?“
Zu ihrer Überraschung wandten die beiden Frauen einander die Köpfe zu und sahen einander an. Nach einer Zeit, die ihr sehr lang vorkam, wandten sie sich wieder Sima zu, in zwei völlig synchronen Bewegungen.
„Wir sprechen für das Mutterschiff.“
Sima blinzelte. Öffnete den Mund. Schloss den Mund.
Entschied, dass sie jetzt erst nachdenken sollte.
(*OB*?*OB*)Das Mutterschiff. In Anbetracht der absurden, völlig surrealen Gesamtsituation kam ihr das erschreckend plausibel vor. Sie wusste, dass der Komet über einen Antrieb verfügte und wahrscheinlich irgendeine Art von Fahrzeug war. Er war noch zu weit entfernt, als dass sie mit Besuch gerechnet hätten, aber da sie es ja in dem Fall, dass sie es tatsächlich mit außerirdischer Technologie zu tun hatten, mit außerirdischer Technologie zu tun hätten, ließ das wenig Schlüsse zu.
Andererseits wussten das auch fast alle anderen relevanten Mächte.
Ein Versuch, sie zu manipulieren, indem sie ihr vorspielten, für die Außerirdischen zu sprechen, war also auch keineswegs ausgeschlossen.
„Das Mutterschiff?“, fragte sie, um Zeit zu gewinnen, und in der Hoffnung, weitere Informationen zu provozieren.
„Es befindet sich“
„Ein Teil einer weitaus überlegenen“
„Zivilisation im Anflug auf Ihren Planeten.“
„Uns ist bekannt, dass Ihnen dies bekannt ist.“
„Wir sprechen für diesen Teil dieser Zivilisation.“
Sima schüttelte den Kopf und betrachtete die Weihnachtskarten auf ihrem Schreibtisch.
„Niemand wird sagen können, dass meine Präsidentschaft nicht die … interessanteste aller Zeiten war, schätze ich.“
Sie schaute wieder zu den beiden auf, atmete ein, machte sich gerade, und fragte: „Was bieten Sie denn an?“
Sie konnte ja immer noch entscheiden, ob sie den beiden glaubte, wenn sie wusste, worum es überhaupt ging. Immerhin konnte sie ziemlich sicher sein, dass es nicht einfach nur eine Folge Punk’d war. Der Secret Service war da nicht so humorvoll.
„Dürfen wir Platz nehmen?“, fragte die linke Frau noch einmal.
„Um Himmels Willen ja bitte! Es macht mich sehr nervös, wie Sie die ganze Zeit da stehen.“
Sie ging davon aus, dass es sie in Kürze sehr nervös machen würde, wie die beiden da saßen, aber es war zumindest einen Versuch wert.
Die beiden Frauen nahmen Platz. Immerhin waren ihre Bewegungen diesmal nicht perfekt synchron, weil die Stühle etwas unterschiedlich standen.
Simas Entscheidung hatte sich also schon ausgezahlt. Perfektion hatte sie schon immer beunruhigt.
„Und?“, fragte Sima. „Oder möchten Sie auch noch was trinken? Ich würde Ihnen was anbieten, aber wenn ich das richtig verstehe, haben Sie meine Sprechanlage abgeschaltet und hindern mich daran, Kontakt zu irgendwem außerhalb dieses Büros aufzunehmen. Ich weiß nicht mal, ob ich aufstehen darf. Und sogar wenn ich dürfte, weiß ich ganz offen gesagt nicht, ob ich Lust hätte, Ihnen ein Glas Wasser einzuschenken.“
Die beiden Frauen nickten.
„Haben Sie Namen?“, fragte Sima.
Sie nickten wieder.
„Haben Sie mal überlegt, gemeinsam aufzutreten?“
Kopfschütteln.
Sima seufzte.
„Dann kommen wir doch einfach zur Sache, oder was meinen Sie?“
Die beiden nickten, und zur Erleichterung der Präsidentin begann die rechte von Ihnen auch tatsächlich zu sprechen:
„Die Fraktion der der Ihren weitaus überlegenen Zivilisation ist bereit“,
„Ihre bedingungslose Kapitulation zu akzeptieren.“
Sima seufzte.
„Ich hatte mit so etwas gerechnet. Habe ich Bedenkzeit, oder … gibt es eine Alternative? Krieg, wahrscheinlich?“
Die beiden lächelten wie sehr reiche Frauen, die jemand gefragt hatte, ob sie sich denn ein Taxi überhaupt leisten konnten. Sehr, sehr, sehr reiche Frauen.
„Wir würden es“
„Nicht Krieg nennen“, antworteten sie.
„Und die Bedenkzeit?“, fragte Sima.
Die beiden schauten einander wieder an, wie vorhin – lief da tatsächlich eine Art Austausch, oder war das alles nur Show? Waren sie überhaupt richtige Menschen? – und antworteten:
„Wir erwarten eine Entscheidung bis morgen, 18:00 Uhr in der Zone Ihrer jetzigen Zeit in diesem Washington, D. C.“
Warum hatten sie das jetzt gleichzeitig gesagt statt abwechselnd? Vielleicht war es besonders wichtig.
„Und diese bedingungslose Kapitulation, die Sie sich vorstellen … Wie würde die aussehen?“, fragte Sima.
„Bedingungslos“, antworteten die beiden, wieder synchron.
Sima schaute sie ein paar Sekunden lang stumm an.
„Ja“, sagte sie. „Das habe ich schon verstanden. Aber was kommt dann? Gibt es einen Plan? Was haben Ihre … Anführer*innen vor?“
Diesmal blieben ihre Blicke auf Sima fixiert, während sie vielleicht nachdachten, vielleicht die Frage weitergaben an irgendeine höhere Autorität, vielleicht auch nur eine dramatische Pause machten.
Sima versuchte, im Auge zu behalten, dass das alles auch immer noch nur ein Schauspiel irgendeiner irdischen Macht sein konnte, dass aber in jedem Fall Mutmaßungen auf der Basis üblichen menschlichen Verhaltens wahrscheinlich in die Irre führten.
„Na?“, drängelte sie schließlich nach einer Weile.
„Die Kapitulation“, sagte die linke Frau – Sima zog ernsthaft in Erwägung, sich Namen auszudenken, um die beiden zu bezeichnen, um einfacher über sie nachdenken zu können.
„Muss bedingungslos sein“, sagte die rechte.
Die linke fuhr fort: „Aber wir sind bereit“
„in groben Zügen zu erläutern“, sagte die rechte.
„Was die Fraktion der der Ihren weit überlegenen Zivilisation für Ihren Planeten geplant hat.“
„Können wir uns einfach jetzt gleich für die Zukunft bis auf Weiteres darauf einigen, dass ich die Überlegenheit Ihrer Zivilisation anerkenne?“, fragte Sima. „Dann müssen Sie sie nicht jedes Mal wieder betonen.“
„Wir würden“, erwiderte die rechte der beiden Frauen,
„Es lieber weiter jedes Mal betonen“, ergänzte die linke.
Sima seufzte. „Okay.“ Sie seufzte noch einmal. „Würden Sie mir dann bitte jetzt in möglichst wenig groben Zügen erläutern, was Ihre Fraktion geplant hat?“
„Gerne“, sagte die rechte der beiden Frauen.
„Die Fraktion der der Ihren weit überlegenen Zivilisation“, sagte die linke.
‚Man könnte fast meinen, dass die was zu kompensieren haben‘, dachte Sima.
Die rechte Frau fuhr fort: „Die Fraktion der der Ihren weit überlegenen Zivilisation beabsichtigt, einen kleinen Anteil der Ressourcen Ihres Planeten zu akquirieren.“
Sima war natürlich nicht völlig überrascht von dieser Antwort.
„Einen … kleinen Anteil?“, fragte sie.
Die linke Frau nickte. „Einen kleinen Anteil.“
„Klein in Relation zu was?“
„Zur Gesamtmenge der vorhandenen Ressourcen“, antwortete die rechte Frau.
„Zu der Menge der Ressourcen, die maximal akquiriert werden könnte“, antwortete die linke.
„Und … Muss ich mir diese Sache eher so vorstellen, dass Ihre Fraktion irgendwo ein Stück Boden absteckt und darauf eine Mine baut, oder eher so, dass Sie Chicago … akquirieren, und New York, und uns zwingen, für Sie Rohstoffe zu liefern, und …“
„Die Kapitulation“, sagte die linke Frau.
„Muss bedingungslos sein“, beendete die rechte den Satz.
„Sie haben 24 Ihrer Stunden“, sagte die linke.
Die beiden standen auf und gingen.
Sima zählte stumm bis 50, dann drückte sie wieder die Sprechtaste.

62.25.149
Psmith hielt sich die Rippen, während er weiter den Gang weiter hinunter humpelte. Verdammte Nimue. Warum hatte sie sich dann so aufregen müssen? Er hatte einfach nur weggehen wollen. Wenn sie ihn einfach in Ruhe gelassen hätte, hätten sie sich den ganzen Quatsch sparen können.
Er wäre den Fremden vielleicht dankbar dafür gewesen, dass sie ihm die Fähigkeit gegeben hatten, auch in der völligen Dunkelheit hier unten noch zu sehen, denn sonst wäre es nicht nur schwieriger gewesen, in dem eisglatten Stollen hinabzugehen, sondern auch noch viel beängstigender. Wäre, weil er ohne die vermaledeiten Fremden natürlich auch gar keinen Grund gehabt hätte, einen verdammten Eisstollen hinabzusteigen.
„Glibbert doch einfach selbst den dummen Stollen runter“, murmelte er, und immerhin amüsierte ihn die absurde Vorstellung eines Fremden, der ohne den Auftrieb von welche Flüssigkeit auch immer ihre Tanks füllte seinen zusammengesackten Körper diesen gefrorenen Pfad entlangzuziehen versuchte.
Ob sie wohl mit der Kälte gut zurechtkommen würden? Oder würden ihre sicherlich schleimigen Körper am Eis festfrieren wie eine Zunge an einem Laternenpfahl?
Der Gedanke hellte seine Laune noch ein bisschen weiter auf, und so kam fast so etwas wie Schwung in seine Schritte, zumindest für hundert oder zweihundert Meter.
Er wurde bald wieder langsamer, während der Humor verwehte und die Realität dahinter sichtbar wurde.
„Da“, murmelte Psmith schließlich, und seufzte, als er den ersten Wächter – oder wahrscheinlich eher: Wächterin? – sich vor ihm aus der Finsternis des endlosen Tunnels schälen sah. „Endlich. Jetzt kanns losgehen, was?“
Die Stimmen in seinem Kopf murmelten etwas vage Zustimmendes, irgendwas von harten Schalen – er freute sich so darauf, nie wieder harte Schalen hören zu müssen, dass es ihm fast die Sache wert war – aber sie waren auch zögerlich und wisperten etwas von zwei Pfützen und Flüssen und Ozeanen.
Frex, wie Psmith die Stimmen hasste.
„Ist das eine von den Riesentermiten, oder ist das keine?“, fragte er.
Und das Ding bewegte sich.
Es drehte den Kopf und einen seiner … Arme? Und vielleicht ging es auch ein bisschen weiter in die Knie, oder was auch immer diese Dinger halt hatten.
Er konnte nicht anders, er blieb stehen. Das Ding war wirklich groß, und … fremd. Ironischerweise, denn die eigentlichen Fremden waren ja in ihm selbst.
Psmith bedauerte, dass er diese wunderbare Parabel auf das ganze menschliche Leben nicht mit irgendwem teilen oder zumindest irgendwo aufschreiben konnte.
„Vielleicht wenn ich sie hier ins Eis kratze…?“, murmelte er sich schmunzelnd selber zu, aber er zwang sich, weiter zu gehen, weiter auf die riesige Wächterin zu, falls das Konzept von Zweigeschlechtlichkeit überhaupt irgendwie sinnvoll auf diese Dinger anwendbar war.
Psmith war es so leid, in jedem Gedanken jeden Begriff dauernd infrage stellen zu müssen, weil es um irgendwelche Viecher ging, auf die er vielleicht nicht anwendbar war. Er wollte Wiede nach Hause zurück.
„Aber man kann niemals nach Hause zurück“, murmelte er. Und dann holte er tief Luft und rief dem Ding zu, so laut er konnte: „Hey! Du da! Hast du Angst vor mir? Weil ich hab nämlich eine Scheiß-Angst vor dir, das kann ich dir sagen!“
Das Ding setzte eines seiner … Beine ein Stück vor. Und dann noch eins.
Psmith blieb wieder stehen.
Das Ding setzte weitere Beine, es ging jetzt eindeutig auf ihn zu.
Er schluckte, und konnte nicht mehr tun, als dem Drang zu widerstehen, sich umzudrehen und davonzulaufen.
Das Ding kam näher.
„Komm doch!“, rief er. „Komm doch!“, schrie er. „KOMM DOCH!“, brüllte er.
Psmith fühlte sein Herz bis in seine Schläfen.
Das Ding war jetzt nur noch wenige Meter von ihm entfernt, und er sah sein Exoskelett, hart, glänzend, aber nicht vollkommen glatt, mit kleinen Unebenheiten darin, er sah die Gelenke, an denen die Panzerplatten wie Scharniere übereinander glitten, er sah die großen matten Facettenaugen, und er zwang sich, nicht davon zu laufen.
Er zwang sich, auf das Ding zuzulaufen.
„KOMM DOCH!“, brüllte er.
Die Stimmen in seinem Kopf wisperten etwas vage Zustimmendes, während er auf das Ding zulief, an ihm hoch sprang.
Für ein paar Sekunden hoffte er noch, vielleicht wenigstens ein bisschen Schaden anzurichten, vielleicht eines der großen Augen beschädigen zu können, oder eine Schwachstelle an den gelenken zu finden.
Aber dann fingen ihn die zwei … Arme des Dings ab, packten ihn, und er konnte nur noch hilflos zappeln und schreien, und lachen, und sich darauf freuen, nie wieder etwas von harten Schalen hören zu müssen.

 

Lesegruppenfragen (Ich hab ja gesagt, ich geb nicht auf.)

  1. Hättet ihr an Simas Stelle in der Situation akut anders reagiert? Wie?
  2. Glaubt ihr, sie sollte kapitulieren?
  3. Auf der anderen Ebene: Wie fandet ihr so die Einführung der beiden Sprecherinnen für die außerirdische Zivilisation?
  4. Habt ihr in der letzten Szene, mit Psmith, einigermaßen verstanden, was passiert?
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